Ferdinand Schneider -Der Fuldaer "Edison"


Ferdinand Scheider - Eine Biografie und Zusammenfassung seines Lebenswerkes

Bearbeitet von Dipl.-Ing. Markus Schäfer, DK9MS

 

Geb. 10.10.1866 als ältester Sohn des Goldarbeiters und Zahntechnikers Johannes Schneider und Luise Mollenhauer in der Kanalstr. 45 in Fulda. Als Kind führte er schon zahlreiche Experimente durch und stellte Feuerwerkskörper für die Mitschüler her, die alsdann auch sehr begehrt waren. Dadurch besserte sein Taschengeld auf.

  

Erste Erfindung als Schüler

 Erste „Erfindung“ – „Bohnenschneidmesser“ Ein Fuldaer Maschinenfabrikant meldete seine Idee als Patent an und der junge Ferdinand bekam Lizenzgebühren, wenngleich nur im bescheidenen Maße.

 Sein Interesse galt schon früh der Technik und so bat er seinen Vater Mechaniker zu werden, um sich später auch mit der Elektrotechnik zu befassen. Die Elektrotechnik befand sich damals noch in den Kinderschuhen, eine Schule oder dergleichen gab es  noch nicht. Für 4 Jahre ging er in die Lehre des Uhrmachers Rebentisch.

 

 „Elektromagnetische Uhr“

Während der Lehrzeit entwickelte er eine selbstständig gehende  elektromagnetische Uhr die er in der Zeit als Gehilfe bei einem  Onkel in Bad Salzungen vollendete.

Erstmalig in Fulda ausgestellt, meldete er diese zum 1887 nach weiteren Verbesserungen, 21-jährig zum Patent an.

 

Schneiders skurrilste Erfindung: „Strom aus Urin“

Während seines Aufenthaltes als Gehilfe in Hamburg arbeitete Schneider an einer Idee zur Beleuchtung eines öffentl. Pissoires. Der Plan bestand darin, den Urin als elektrolytische Flüssigkeit für galvanische Batterien zu verwenden um damit kleine Glühlampen zu betreiben.

 

Aus diesem Plan wurde leider nichts, denn die Stadt Hamburg nahm Carbol zum Desinfizieren des Urins

  

„Ehrendoktorwürde“

 Mit der Erfindung eines Apparates zur Umwandlung Gleichstrom in Wechselstrom wurde ihm die Ehrendoktorwürde der Universität Jena angeboten, die er aber mangels Geld ablehnen musste. F. Schneider war 27 Jahre alt.

 

 

Strom aus Windenergie

 Anlässlich der Weltausstellung in Paris 1900 sah Schneider u.a. betriebsfertige Windmotoren. Kurz entschlossen kaufte er eine Windturbine mit 12m hohen Stahlturm und stellte den Turm an der Westseite der Werkstätte auf. Die von ihm entwickelte 30 Volt – Anlage wurde zur Aufladung einer aus 17 Zellen bestehenden Akkumulatorenbatterie benutzt. Die Ladekontrolle wurde  automatisch geregelt. Es wurde sogar ein Überland-Elektrizitätswerk - die „Schneidersche Elektrizitäts-Zentrale“ - errichtet, welches ihm und anderen Anschlussnehmern elektrischen Strom in einer höheren Spannung lieferte.

Kurz nach dem Ende des 1. Weltkrieges errichtete Schneider eine ansehnliche Windanlage auf dem Kreuzberg die das nahe gelegene Kloster mit ausreichender Elektrizität versorgte, so dass die Gäste mit elektr. Licht versorgt wurden.

 

Man sieht, Schneider war seiner Zeit weit voraus! Er verkaufte sogar 3 Windanlagen nach Holland.

  

Auf dem Gelände des Schlossparks und der Orangerie fand im Sommer 1904 die Erste Fuldaer Gewerbeausstellung mit über 700 Ausstellern statt. Der Erfolg blieb nicht aus, zahlreiche Berichterstatter berichteten über die Ausstellung.

 

Besonderes Augenmerk fand der Pavillon von F. Schneider. Die Windturbine an der Spitze eines 16m hohen Turms speiste Akkumulatoren die den Pavillon und Teile der Schloßterasse beleuchteten.

 

Dafür bekam er den 1. Staatspreis zugesprochen.

 

 

Drahtlose Telegrafie und dessen Geburtsstunde.

Anfang 1895 befasste sich Schneider mit der drahtlosen Telegrafie.

 

Am 24. März 1895 war es soweit: Die Geburtsstunde der drahtlosen Telegrafie!

Anlässlicheines Experimentiervortrages im Saal der Harmonie führte Ferdinand Schneider weltweit zum ersten Mal seine Erfindung der drahtlosen Telegrafie vor, ein halbes Jahr vor dem italienischen Konkurrenten Marconi der zusammen mit Ferdinand Braun 1909 den Nobelpreis erhielt. Im Gegensatz zu Marconi, der Sohn reicher Eltern fehlte Schneider das Kapital seiner revolutionären Ideen. Außerdem hatte Schneider, damals 28 Jahre alt, außer dem elektrotechnischen Geschäft noch das Eichamt zu verwalten, so dass er sich nur nebenbei mit Erfindungen beschäftigen konnte.

 

Etwa ein Jahr danach schrieben ital. Zeitungen, dass G. Marconi eine „Telegraphie ohne Draht“ erfunden hätte..

 

Sprengpulver mit drahtloser Fernzündung

 Schneider entwickelte auch das drahtlose Sprengpulver „Fuldit“ und „Schneidit“, welches er auch dem Kriegsministerium vorführte worauf diese die Erfindung als streng geheim einstufte.

Es wurden auch erfolgreiche Sprengversuche mit „Fuldit“ im Harz unter Tage durchgeführt.

Schneider entwickelte auch Funkgesteuerte Minen mit elektronischer Codierung und zwar in der Form einer doppelten funkentelegrafischen Verriegelung durch den Gebrauch von Codewörtern. Dadurch sollte vermieden werden, dass bei  der Kriegsführung der Feind die Minen nicht sprengen konnte.

 

Schneider empfängt Signale aus dem All

Für Sende- und Empfangszwecke baute Schneider auf seinem Grundstück einen 33m hohen Gittermast auf, der  als Träger für eine 300m lange (!!!) Antenne diente. Einen weiteren Träger wurde auf dem Geräteschuppen des Hl. Geist Krankenhauses montiert.

Bei seinen Experimenten stellte Schneider fest, dass sein Ionisationsempfänger dem Koherer überlegen war. Er verbesserte die Empfangsempfindlichkeit indem er den Elektrodenspalt mit anderen Mitteln zu überbrücken, z.B. mit Zinnstein, Beryl u.a. Interessanterweise stellte Schneider schon fest dass man mit Silizium und Pyrit die besten Empfangsergebnisse erzielen konnte.

 

Mit seinen Apparaten ohne Drehko konnte er im 40, 45, 50 bzw. 55 km – Wellenlänge ( also im Längstwellenbereich im Frequenzbereich von 7,5 kHz bis 5,4 kHz) merkwürdige Zeichen empfangen deren Ursache er nicht erklären konnte.

 

Sachverständige Telegrafenbeamte konnten die Morsezeichen ebenfalls nicht übersetzen und Schneider deutete dies schon  damals als mögliche radioaktive Aussendung eines Sternes.

  

Schneiders funkgesteuerte Uhr!

Seit der Entdeckung der drahtlosen Nachrichtenübermittlung versuchte Schneider die elektrischen Wellen für die Steuerung elektrischer Uhren zu nutzen. Hierfür reichte er verschiedene Patente im In- und Ausland ein.

Es fanden sich auch einige Interessenten und Sponsoren die sein Vorhaben einer Einheitszeit in Deutschland unterstützten, doch die Kriegswirren des ersten Weltkrieges machten weitere Projekte zunichte.

Nach dem Krieg wurde das Projekt neu aufgegriffen. Ferdinand Schneider konnte den Interessenten eine betriebsfertige  Musteranlage vorführen. Im Pfarrhaus auf dem Florenberg und an verschiedenen anderen Stellen befanden  sich „drahtlose“ Uhren, die von der „Zentraluhr“ in der Brauhausstraße gesteuert wurde.

  

Kriegszeit

Mit Ausbruch des ersten Weltkrieges wurden sämtl. Funkeinrichtungen und dazu gehörigen Apparate von der Militärbehörde konfisziert, so dass Schneiders berufliche Existenz unterbunden wurde.

Schneider befasste sich nunmehr mit der Entwicklung und Erfindung von diversen Kriegsgeräten z.B. U-Boot Ortung auf hoher See, magnetische Minen usw.

Er löste auch das Problem der Funkenlöschung, welches er als Geheimpatent bei der Admiralität einreichte und somit den Verlust weiterer deutscher U-Boote verhindern konnte, die die Amerikaner mittels Kristalldetektoren und Peilung orten konnten:

 

SOS-Ruf Boje meldet Längen und Breitengrad

Schneider entwickelte patentreif eine SOS-Boje die selbständig SOS-Rufe durch Telegrafie aussenden sollte. Ihm gelang es sogar das Modell so zu verbessern, indem die Boje nicht nur Seenotzeichen aussendete, sondern auch den Längen- und Breitengrad der Unfallstelle!

Die Arbeit zur Herstellung eines Modells konnte er jedoch nicht mehr vollenden...

 

Zwangsverkauf

Bezeichnend für Schneiders Erfindergeist ist die Tatsache, dass ihm die Vielzahl seiner Erfindungen letztendlich zum Verhängnis wurde: Er konnte die Patentgebühren nicht mehr aufbringen und so wurde 1936 sein Haus und sein Laboratorium zwangsversteigert. Er musste seine Werkstatt aufgeben, sowie alles billigst verkaufen. Die neue Wohnung bezog er in der Brauhausstraße und errichtete dort sein Laboratorium. Sämtliche Modelle der drahtlosen Telegrafie, elektrische Uhren einschl. der Patenturkunden wurden im Vonderau-Museum untergebracht, welches sich damals im Stadtschloss befand.

Den Aufbau einer neuen Existenz verhinderte der 2. Weltkrieg.

 

 

Kulturpreis – Ehrensold – Ferdinand-Schneider-Straße

 Zur 1200 – Jahr –Feier der Stadt Fulda bekam Schneider 1944 den ersten Kulturpreis der Stadt Fulda zuerkannt.

Bis zu seinem Tod am 27.3. 1955 lebte Schneider im Liobaheim in Fulda.

Noch im hohen Alter beschäftige ihn Pläne mit großen Antennen ins Weltall hineinzuhorchen.

Im Kohlhäuser Feld in Fulda wurde eine Straße nach seinem Namen benannt.

 

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Quellen:

 „Ferdinand Schneider“; Stephan Mollenhauer Hrsg.

25. Veröffentlichung des Fuldaer Geschichtsvereins

Verlag Parzeller, 2005

 

„Die Geschichte der Fuldaer Windmühle“, Michael Mott

Buchenblätter der "Fuldaer Zeitung" Nr. 8 und 9 , März / April 2000

 

 „Der Mann der zu viele Dinge erfunden hatte“, Michael Mott,

"Fuldaer Zeitung" vom 30.3.2005

 

 Bericht von Christoph Kaeppler vom 10.2.2006

 

 "Fuldaer Kreisblatt" vom 23.03.1895

 

Auszug aus "Starkstrom" - Info-Blatt des Überlandwerks Fulda (ÜWAG), Heft 03/09